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Presseschau - Detail

Inspiration für den eigenen Glaubensweg

DT vom 03.06.2014, Nr. 65, S. 6 von Michael Karger

Lektüreseminare zur Theologie von Papst Benedikt XVI. auf dem Katholikentag unterstreichen die herausragende Bedeutung des Theologen Ratzinger. 

 

„Das Gefühl, immer deutlicher eine eigene theologische Sicht zu gewinnen, war wohl die schönste Erfahrung der Regensburger Jahre. Ich hatte ein kleines Haus mit Garten bauen können, das meiner Schwester und mir ein rechtes Zuhause wurde, in dem mein Bruder immer gern einkehrte.“ So beschrieb Papst Benedikt in seinen Erinnerungen seine Zeit als Dogmatikprofessor in Regensburg. Er folgte 1969 einem Ruf an die neu gegründete Universität, an der er vom Wintersemester 1969/70 bis zum Wintersemester 1976/77 lehrte, als ihn Papst Paul VI. zum Erzbischof von München und Freising ernannte. Es war darum durchaus naheliegend, dass Papst Benedikt 2007 den damaligen Bischof von Regensburg, Gerhard Ludwig Müller, mit der Herausgeberschaft seines theologischen Gesamtwerkes beauftragte. Bischof Müller gründete dazu 2008 das Institut Papst Benedikt XVI. Unter der Leitung von Rudolf Voderholzer, seinerzeit noch Professor für Dogmatik in Trier, ist in rascher Folge bisher die Hälfte der auf sechzehn Bände angelegten Werkausgabe „Joseph Ratzinger Gesammelte Schriften“ erschienen.

 

„Das Gefühl, immer deutlicher eine eigene theologische Sicht zu gewinnen, war wohl die schönste Erfahrung der Regensburger Jahre. Ich hatte ein kleines Haus mit Garten bauen können, das meiner Schwester und mir ein rechtes Zuhause wurde, in dem mein Bruder immer gern einkehrte.“ So beschrieb Papst Benedikt in seinen Erinnerungen seine Zeit als Dogmatikprofessor in Regensburg. Er folgte 1969 einem Ruf an die neu gegründete Universität, an der er vom Wintersemester 1969/70 bis zum Wintersemester 1976/77 lehrte, als ihn Papst Paul VI. zum Erzbischof von München und Freising ernannte. Es war darum durchaus naheliegend, dass Papst Benedikt 2007 den damaligen Bischof von Regensburg, Gerhard Ludwig Müller, mit der Herausgeberschaft seines theologischen Gesamtwerkes beauftragte. Bischof Müller gründete dazu 2008 das Institut Papst Benedikt XVI. Unter der Leitung von Rudolf Voderholzer, seinerzeit noch Professor für Dogmatik in Trier, ist in rascher Folge bisher die Hälfte der auf sechzehn Bände angelegten Werkausgabe „Joseph Ratzinger Gesammelte Schriften“ erschienen.

 

Nachdem Papst Benedikt 2010 auch sein ehemaliges Wohnhaus in Pentling dem Institut anvertraut hatte, wurde es nach umfassender Sanierung von Voderholzer als Gedenkstätte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Inzwischen war Rudolf Voderholzer als Bischof von Regensburg der Gastgeber des 99. Deutschen Katholikentags. Auch das Institut Papst Benedikt hat zu diesem Großereignis etwas beigetragen. Auf großes Interesse sind die Busfahrten „Auf den Spuren von Papst Benedikt XVI.“ zur Universität und zum Papst- Haus in Pentling gestoßen. Führungen durch das Wohnhaus erschlossen den Besuchern das Leben und Arbeiten des Professors Ratzinger und seines Bruders Georg, des Domkapellmeisters und Leiters des Regensburger Domchores, den weltbekannten „Domspatzen“. Eigens wird in Pentling auch der Schwester der Ratzinger-Brüder, Maria, gedacht. Aufopferungsvoll hat sie sowohl den Haushalt geführt, wie auch alle Schreibarbeiten für den Bruder übernommen.

 

Innerhalb des Katholikentagsprogramms bot das Institut, das in den Räumen des Regensburger Priesterseminars untergebracht ist, außerdem eine Ausstellung über Papst Benedikt und Lektüreseminare zu seiner Theologie an. Bei der Ausstellung handelte es sich um aus Köln übernommene Stellwände, die im äußerst beengten Foyer des Seminars eigentlich ungünstig aufgestellt waren. Die Lektüreseminare fanden in den Institutsräumen statt und waren auf je zwölf Teilnehmer (nach vorheriger Anmeldung) beschränkt. Geleitet wurden die Seminare von jungen Wissenschaftlern, die dem sogenannten „neuen Schülerkreis“ angehören. Alle Referenten setzten sich in ihren Arbeiten mit dem Denken von Papst Benedikt auseinander.

 

Vom Arzt und der Krankenschwester über den Mesner, die Juristin, den Diplomingenieur, den Pastoralreferenten, die Schulleiterin und den jungen Ordensmann reichte das Spektrum der aus ganz Deutschland angereisten Seminarteilnehmer. Unter den Teilnehmern waren nicht wenige, die ein Zeugnis darüber abgelegt haben, welch herausragende Bedeutung Papst Benedikt und seine Theologie für ihren Weg zu Glaube und Kirche gespielt hat. Mit didaktischem Geschick hat Manuel Schlögl, hervorgetreten mit zwei kenntnisreichen biographischen Arbeiten über die Professorenjahre Ratzingers in Bonn und Münster, mit den Teilnehmern Texte, in denen sich Ratzinger mit dem modernen Atheismus auseinandersetzt, durchgearbeitet. Neben der „schuldhaften Abweisung Gottes“ sieht Papst Benedikt auch eine „unabdingbare Sendung des Atheismus in der Religionsgeschichte“ etwa darin, dass jede Religion der Gefahr unterliegt, eine „Vermenschlichung und Verdinglichung des Absoluten“ zu betreiben. Hier habe der Atheismus durchaus eine reinigende Funktion. Stichworte wie „kleine Herde“ oder die Forderung von Ratzinger in einem frühen Aufsatz von 1958, in der Sakramentenpraxis die Zulassungskriterien nicht zu vernachlässigen, regten die Diskussion an. Anknüpfen konnten die Besucher auch mit persönlichen Erfahrungen bei Ratzingers Aussagen zum Verhältnis der Glaubenden zu den Nichtglaubenden: „…der Christ soll gerade auch ein fröhlicher Mensch unter Menschen sein können, ein Mitmensch, wo er nicht Mitchrist sein kann.“

 

Professor Achim Buckenmaier von der römischen Hochschule der Integrierten Gemeinde, beleuchtete im Gespräch den Begriff „Entweltlichung“, der im Mittelpunkt der Ansprache von Papst Benedikt in Freiburg (2011) stand. Buckenmaier wies darauf hin, dass man in der katholischen Kirche Deutschlands sehr schnell nach dieser als Vermächtnis zu verstehenden Ansprache zur Tagesordnung übergegangen sei. „Entweltlichung” sei die notwendige Voraussetzung für ein um so gewinnenderes missionarisches Wirken der Kirche. Mit den Worten des Papstes gesagt: „Die von materiellen und politischen Lasten und Privilegien befreite Kirche kann sich besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden, wirklich weltoffen sein.“ Auferstehung und ewiges Leben in der Theologie Joseph Ratzingers waren das Thema des jungen griechisch-orthodoxen Theologen Stefanos Athanasiou, Assistent an der Universität Bern. Dass mit dem selbstproduzierten Tod, seiner Tabuisierung und Versachlichung in der Moderne auch das Menschsein insgesamt abgelehnt werde, schrieb Ratzinger in seinem in Regensburg verfassten und auch 1977 verlegten Lehrbuch zur Eschatologie. Mit Hinweis auf die Tendenz zur anonymen Bestattung wurde von den Teilnehmern Ratzingers damaliger Befund entschieden bestätigt.

 

Ratzingers Auslegung des Seelenbegriffs als Beziehungsgeschehen erläuterte Athanasiou unter Hinweis auf das Communio-Denken der Kirchenväter, das in Ratzingers Theologie eine zentrale Rolle spiele. Wichtig war der Hinweis des Referenten, dass innerhalb der akademischen Welt Ratzingers Denken auf Ablehnung stoße, weil er immer schon die Grenzen der einzelnen theologischen Disziplinen überschreite. Dem setzte Athanasiou die altkirchliche und orthodoxe Sichtweise von der Einheit der Theologie ganz im Sinne Ratzingers entschieden entgegen. Sympathie und Aufgeschlossenheit dieses orthodoxen Theologen gegenüber einem zentralen Thema im Denken Papst Benedikts waren beeindruckend. Zum Wahrheitsverständnis von Joseph Ratzinger hielt Ralph Weimann, Gastdozent an der Hochschule der Legionäre Christi in Rom, die abschließende Einheit. Mittels treffend ausgewählter Zitate fanden die Teilnehmer Zugang zum Gedanken der gewaltlosen Selbstevidenz der Wahrheit in Jesus Christus wie auch zur grundsätzlichen Wahrheitsfähigkeit des Menschen. „Das Christentum tritt mit dem Anspruch auf, uns etwas über Gott und die Welt und uns selber zu sagen – dass wir in der Krise der Zeit, in der wir eine Menge von Kommunikation in naturwissenschaftlicher Wahrheit haben, aber in den eigentlichen Fragen des Menschen ins Subjektive abgedrängt sind, gerade die Suche nach der Wahrheit und auch den Mut zur Wahrheit wieder neu brauchen.“ Dass dies so ist, zeigte auch die Nachfrage und der Verlauf der vom stellvertretenden Direktor Christian Schaller organisierten Veranstaltung.