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Säuglingstaufe

Quellangabe: Taufe – Ursprung und Wegweisung christlichen Lebens, in: JRGS 8, 1329–1334, hier 1331


Taufe ist Wiedergeburt. […]. Für den Menschen genügt Geburt nicht. Bloße Geburt ohne Wiedergeburt wäre Verhängnis. Denn für den Menschen reicht es nicht aus, dass er biologisch da ist und ans Licht tritt. Damit er als Mensch wachsen und leben kann, braucht er menschliche Zustimmung, braucht er den Raum des Wortes und das Ja der Liebe. Er braucht Annahme, um sich selbst annehmen zu können.

Heute wird oft gefragt, ob es eigentlich richtig ist, Kinder ungefragt zu taufen und ihnen den Glauben auf diese Weise vorzugeben. Und ob es nicht besser und angemessener wäre, sie da einmal selbst entscheiden zu lassen. Aber wenn man tiefer nachdenkt, ist ein solches Fragen recht oberflächlich. In Wirklichkeit müssen wir nämlich genau umgekehrt herum fragen. Es wird uns ja das Leben vorgegeben, ohne dass irgendjemand fragen kann, ob der Betreffende eigentlich das Leben mag, ob er leben will. Und wie viel anderes wird uns mit dem Leben vorgegeben: die Sprache, das Land, die Zeit und damit all die Grenzen, die einem Wege gesetzt sind. Kann man eigentlich Leben vorgeben? Darf man es angesichts des ungeheuren Dunkels der Zukunft, in das niemand hinausblicken kann? Angesichts der unerrechenbaren Schrecknisse, die eines Lebens warten können? Ich würde sagen: In der Tat. Leben kann und darf man nur dann vorgeben, wenn man mehr als Leben vorgeben kann, wenn man einen Sinn vorgeben kann, der stärker ist als die unbekannten Mächte, in die das Leben vielleicht hineingeht. Leben ist nur zu rechtfertigen durch einen Sinn und durch eine Liebe, die damit mit vorgegeben werden und die dieses Leben groß und frei machen in all den Dunkelheiten, die also stärker sein müssen als alles Mögliche Dunkle. Wer aber könnte von sich aus mit dem Leben solchen Sinn vorgeben, ohne den es zu gefährlich wäre? Die Taufe ist Vorgabe dieses Sinnes, sie ist Vorgabe des Ja Gottes und damit einer Liebe, die stärker ist als der Tod.





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