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Bibel – Zeugnis der Offenbarung

Quellangabe: Glaubensvermittlung und Glaubensquellen, in: Die Krise der Katechese und ihre Überwindung. Rede in Frankreich, Einsiedeln 1983, 13–39, hier: 28–30.


Wenn man die Bibel bloß als Quelle im Sinn der historischen Methode ansieht (was sie zweifellos auch ist), dann kann es auch nur die Kompetenz des Historikers in ihrer Auslegung geben. Dann kann man auch nur Historisches aus ihr erfragen. Der Historiker aber muss versuchen, einen handelnden Gott möglichst zur überflüssigen Hypothese zu machen. Wenn aber Bibel Niederschlag eines viel größeren, nie auszuschöpfenden Offenbarungsvorganges ist und wenn so ihr Inhalt beim Leser erst ankommt, wenn dies Größere ihn berührt hat, dann vermindert dies ihre Bedeutung nicht, es verwandelt aber von Grund auf die Frage der Auslegungskompetenzen. Denn das bedeutet, dass sie einem Verweisungszusammenhang zugehört, in dem der lebendige Gott sich in Christus durch den Heiligen Geist mitteilt. Es bedeutet, dass sie Ausdruck und Instrument jener Kommunion ist, in der das Ich Gottes und das Du des Menschen sich in dem durch Christus eröffneten Wir der Kirche berühren. Sie ist dann Teil eines lebendigen Organismus, durch den sie überhaupt geworden ist; eines Organismus, der in den Wandlungen der Geschichte dennoch seine Identität bewahrt hat und daher gleichsam mit Urheberrechten über die Bibel als über sein Eigenes sprechen kann. Dass sie – wie jedes Kunstwerk und mehr noch als alle anderen Kunstwerke – weit mehr sagt als das im Augenblick beweisbar ihren Buchstaben zu Entnehmende, folgt dann aus der Tatsache, dass sie ja eine Offenbarung versprachlicht, die im Wort sich spiegelt, ohne in ihm aufzugehen. Von da erklärt sich auch, dass dort, wo Offenbarung „angekommen“ und wieder lebendig zur Offenbarung geworden ist, ein tieferes Einssein mit dem Wort erfolgt, als dort, wo es nur als Text analysiert wird.





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