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Die eine Quelle der Offenbarung und die zwei Vermittlungsformen „Tradition und Schrift“

Quellangabe: Bemerkungen zum Schema „De fontibus revelationis“ [1962], in: MIPB 2 (2009) 36–48, hier 37.


In Wirklichkeit sind ja nicht Schrift und Überlieferung die Quellen der Offenbarung, sondern die Offenbarung, das Sprechen und Sich-Selbst-Enthüllen Gottes, ist der unus fons, aus dem die beiden rivuli Schrift und Überlieferung hervorfließen: So ist es die wahre, auf dem Tridentinum noch mit Selbstverständlichkeit geltende Sprechweise der Überlieferung; die Umkehrung, die die bereits gefasste und geformte Gestalt der Offenbarung – Schrift und Überlieferung – nun zur Quelle und die Offenbarung zur nachgeordneten Größe macht, dürfte in dieser Form wohl erst in der Frühzeit des Historismus eigentlich in Übung gekommen sein, in der nun allenthalben die Frage nach den Quellen erhoben wurde und der Christ als die Quellen, aus denen er die Offenbarung schöpft, Schrift und Überlieferung benennt. In einer solchen Redeweise steckt deutlich eine mangelnde Unterscheidung von Seins- und Erkenntnisordnung. Schrift und Überlieferung sind für uns allerdings die Quellen zur Erkenntnis der Offenbarung, aber sie sind nicht an sich die Quelle der Offenbarung, sondern an sich ist die Offenbarung die Quelle von Schrift und Überlieferung. Demgemäß heißt in der mittelalterlichen Überlieferung die Schrift zwar fons scientiae u. ä., aber niemals fons revelationis. So richtig es also für die theologische Arbeit ist, dass ihre «Quellen» Schrift und Überlieferung sind, so gefährlich und einseitig ist es, diese ganz vom Subjekt her bestimmte Formulierung, die nicht die Ordnung der Wirklichkeit, sondern nur unsern Zugang zur Wirklichkeit schildert, schlicht als die Etikette des Traktates von Schrift und Überlieferung hinzunehmen, weil ein solcher Vorgang, wie gesagt, die Gefahr einer Verkehrung im Offenbarungsbegriff einschließt: Offenbarung ist nicht eine den Größen Schrift und Überlieferung nachgeordnete Sache, sondern sie ist das Sprechen und Handeln Gottes selbst, das allen geschichtlichen Fassungen dieses Sprechens vorausliegt, sie ist die eine Quelle, die Schrift und Überlieferung speist.





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