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Jesus Christus - relativiert durch pluralistische Religionstheorie

Quellangabe: „Einführung in das Christentum“ – gestern, heute, morgen. Vorwort zur Neuausgabe 2000, München, 6. Auflage 2005, 9–26, hier 18 f.


Ganz allgemein aber entsteht eine Relativierung der einzelnen Religionen, in denen es bei allen Unterschieden, ja, Gegensätzen letztlich unter verschiedenen Gestalten doch nur um die Innenseite aller unterschied­lichen Formen gehen könne, um die Berührung mit dem Unnennbaren, dem verborgenen Geheimnis. Und man ist sich weithin einig, dass dieses Geheimnis sich in keiner Offenbarungsgestalt ganz zeigt, dass es immer nur verschüttet und bruchstückhaft und doch als dasselbe und eine geahnt und gesucht wird. […]

Die Gestalt Christi wird vollständig neu gedeutet, nicht nur dem Dogma, sondern gerade auch den Evangelien gegenüber. Der Glaube daran, dass Christus der einzige Sohn Gottes ist, dass in ihm wirklich Gott als Mensch unter uns weilt und dass der Mensch Jesus ewig in Gott selbst, Gott selber ist, also nicht eine Offenbarungsgestalt Gottes, sondern Gott, der einzige und nicht austauschbare, dieser Glaube wird damit ausgeschieden. Christus wird aus dem Menschen, der Gott ist, zu einem, der Gott in besonderer Weise erfahren hat. Er ist ein Erleuchteter und darin nicht mehr grundsätzlich unterschieden von anderen Erleuchteten, etwa Buddha. Aber bei einer solchen Auslegung verliert die Gestalt Jesu ihre innere Logik. Sie wird aus ihrer historischen Verankerung gerissen und in ein ihr fremdes Schema gepresst. Buddha – darin übrigens Sokrates vergleichbar – verweist von sich weg: Nicht auf seine Person kommt es an, einzig auf den Weg, den er gezeigt hat. Wer den Weg findet, darf Buddha vergessen. Aber bei Jesus kommt es gerade auf seine Person, auf ihn selber an. In seinem „Ich bin es“ klingt das „Ich bin“ vom Berg Horeb durch. Der Weg besteht gerade darin, ihm nachzufolgen, denn: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). Er selbst ist der Weg, es gibt keinen von ihm unabhängigen Weg, auf dem er nicht mehr zählen würde. Wenn so gerade nicht eine Lehre, sondern seine Person die eigentliche Botschaft ist, die von ihm kommt, dann muss man freilich hinzufügen, dass dieses Ich Jesu reine Verwiesenheit auf das Du des Vaters ist, nicht in sich selber steht, sondern eben wirklich „Weg“ ist. „Meine Lehre ist nicht meine Lehre“ (Joh 7,16). „Ich suche nicht meinen Willen, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat“ (Joh 5,30). Das Ich ist wichtig, weil es uns ganz in die Dynamik der Sendung hineinnimmt, weil es zur Selbstüberschreitung und zur Einung mit dem führt, auf den hin wir geschaffen sind. Wenn man die Gestalt Jesu aus dieser freilich immer skandalös wirkenden Größenordnung herausnimmt, sie vom Gottsein trennt, dann wird sie widersprüchlich. Es bleiben nur Fetzen, die uns ratlos lassen oder Vorwände der Selbstbestätigung werden.





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