Seite drucken     Schriftgröße A-  A  A+

Presseschau - Detail

„Weggefährte und Wegführer“ Pontifikalamt und Festakademie zum 60-jährigen Priesterjubiläum von Papst Benedikt XVI. auf dem Freisinger Domberg

DT vom 21.06.2011, Nr. 73/74, S. 5 Von Michael Karger

Festsymposium in Freising zu Ehren des Diamantenen Priesterjubiläums von Benedikt XVI. 

 

Freising (DT) „Immer war der Dom Mitte unseres Lebens ... Der Dom war die Mitte und ist es an dem unvergesslichen Tag der Priesterweihe für immer geworden.“ An diese Worte von Papst Benedikt XVI., die er anlässlich der Übergabe der Ehrenbürgerurkunde durch Vertreter der Stadt Freising in Rom im Januar 2010 gesagt hatte, erinnerte der Freisinger Oberbürgermeister Dieter Thalhammer in seinem Grußwort zur Festakademie zum 60. Priesterjubiläum des Heiligen Vaters am vergangenen Samstag im Bildungshaus auf dem Freisinger Domberg. In seiner damaligen Ansprache standen dem Papst auch zwei Einzelheiten der Weihehandlung besonders vor Augen: „Da ist zunächst das am Boden hingestreckt Liegen während der Allerheiligenlitanei. Man wird sich da liegend noch mal seiner ganzen Armseligkeit bewusst und fragt: Bin ich eigentlich wirklich fähig dazu? Und zugleich ertönen die Namen aller Heiligen die Geschichte hindurch und das Bitten der ganzen gläubigen Gemeinde: .Erhöre uns, hilf ihnen.‘ So wächst das Bewusstsein: Ja, ich bin schwach und unzulänglich, aber ich bin ja nicht allein, andere sind mit mir, die ganze Gemeinschaft der Heiligen ist mit mir, sie geleiten mich, und so kann ich diesen Weg gehen und anderen Weggefährte und Wegführer werden.“

 

Daneben rief der Papst Handauflegung und Gebet, die eigentliche Weihe, gespendet durch Kardinal Faulhaber, besonders in Erinnerung. Er habe die Weihe damals in dem Bewusstsein empfangen, „dass dabei der Herr die Hand auf mich legt und sagt: Du gehörst mir, du bist nicht einfach dein eigen, ich will dich, du stehst in meinem Dienst“. Neben dieser bleibenden Bedeutung Freisings als Ort der Vorbereitung auf das Priesteramt und dann des Eintritts in die priesterliche Lebensform standen dem Papst aber auch die Jahre seiner Dozententätigkeit an der Philosophisch-Theologischen Hochschule auf dem Domberg vor Augen. Während dieser Zeit hatte er seine Eltern zu sich in die geräumige Professorenwohnung direkt am Dom holen können: „Diese letzten dreieinhalb Jahre mit meinen Eltern sind für mich ein ganz großes Geschenk und haben mir Freising wirklich zum Zuhause gemacht. ... So ist dieses Freising uns richtig Heimat geworden und bleibt als Heimat in unserem Herzen.“

Fünf Mitbrüder aus dem Weihekurs 1951 kamen

 

In die ehemalige fürstbischöfliche Residenz, das spätere Priesterseminar und heutige Bildungshaus des Erzbistums München und Freising hatten Kardinal Marx als Ortsbischof zusammen mit dem Herausgeber des theologischen Werkes von Joseph Ratzinger, Bischof Müller von Regensburg, und der verantwortliche wissenschaftliche Editor und Leiter des Instituts Papst Benedikt XVI. in Regensburg, Rudolf Voderholzer, eingeladen. Ihrer Einladung folgten fünf Mitbrüder aus dem einst vierundvierzig Diakone umfassenden Weihekurs 1951: Der Bruder des Papstes, der Apostolische Protonotar Georg Ratzinger, Pfarrer Ruppert Berger, mit den Ratzinger-Brüdern zusammen der dritte Traunsteiner Neupriester von damals, Pfarrer Alfred Kaiser, Pfarrer Bernhard Schweiger und der Kurssprecher Pfarrer Friedrich Zimmermann. In seinem Grußwort erinnerte der Apostolische Nuntius Jean-Claude Périsset an den Brief des Papstes an die Seminaristen, in dem er den Priester als Mann Gottes beschrieb, der aus der Eucharistie lebt und der das Gefüge des Glaubens als eine Ganzheit zu verstehen gelernt hat. Er erlebe jeden Tag eine Brotvermehrung, sagte der Direktor der Editrice Vaticana Giuseppe Costa, der Inhaber der Rechte an den Texten des Papstes, unter Hinweis auf die große Nachfrage nach dem zweiten Band von „Jesus von Nazareth“. Costa bezeichnete vor den zahlreichen Ehrengästen und Akademieteilnehmern die Publikationen des Papstes als großes Geschenk an Kirche und Welt.

 

Bischof Müller nutzte die Gelegenheit, den zuletzt erschienenen zwölften Band der Werkausgabe „Joseph Ratzinger Gesammelte Schriften“ über die Theologie und Spiritualität des Weihesakramentes mit dem Titel „Künder des Wortes und Diener eurer Freunde“ (2010) vorzustellen. In diesem Band habe der Papst keine „fromme Lyrik“ vorgelegt, sondern die wesentlichen Quellen für die priesterliche Existenz erschlossen. Sehr früh habe Ratzinger ein Gespür für die Erschütterungen bewiesen, mit denen sich die nachkonziliare Identitätskrise des Priestertums angekündigt habe. Er habe warnend auf die unausgesprochenen Voraussetzungen hingewiesen, die man auf katholischer Seite bei der unbedachten Übernahme exegetischer Erkenntnisse evangelischer Theologen allzu oft nicht beachtet habe. Man habe mit der reformatorischen Behauptung, dass aus dem biblisch bezeugten Gemeindeleiter die unbiblische Fehlform des Kultpriesters geworden sei, das sakramentale Priestertum vorschnell über Bord geworfen. Ratzinger habe den Weg aus der Krise gewiesen durch seine Einsicht, dass die universale Erlöserschaft des göttlichen Logos das Priestertum Jesu begründe und nicht seine Zugehörigkeit zur alttestamentlichen Priesterkaste. Dem Zwölferkreis habe Jesus dann Anteil an seiner Vollmacht gegeben. Diejenigen, die in Lebensgemeinschaft mit ihm standen, beauftragte er als Diener des Wortes und Diener der Versöhnung.

 

Für das Verständnis der Werkausgabe wesentlich ist der Hinweis von Bischof Müller, dass es sich bei der Ausgabe der gesammelten Werke bis zur Papstwahl 2005 nicht um eine bloße Sammlung handelt, sondern dass die einzelnen Bände nach einer Systematik des Heiligen Vaters aufgebaut sind und somit authentisch seine Vision des gesamten Heilsmysteriums wiedergeben. Als Festredner sprach Kurienkardinal Paul Josef Cordes zum Thema „Neue Pastoralkonzepte auf dem Prüfstand – Papst Benedikt zur Theologie des Weihesakramentes“. Ausgehend von der Beobachtung, dass die Leitung von Seelsorgeeinheiten in manchen Bistümern durch ein Team, in dem der Priester nicht mehr die Letztverantwortung trägt, propagiert wird, stellte Cordes die Frage, inwieweit der Priester dabei zum bloßen Moderator werde und ob die Pfarrgemeinderäte nicht vom Beratungsgremium zu Aufsichtsräten mutierten. Am Anfang der Krise stehe das funktionale Amtsverständnis, von dem her jeder Rollenträger austauschbar und ein Weiheamt unverständlich werde. Zum Thema Heiligkeit des Priesters meinte des Kurienkardinal unter Hinweis auf Karl Rahner: Auch wenn die Wirksamkeit der Sakrament nicht von der subjektiven Heiligkeit des Priesters abhinge, so habe der Priester doch die Pflicht, einen Kontext zu schaffen, in dem einzig das sakramentale Wort gesagt und gehört werden könne. Der Zölibat des Priesters werde immer anstößig bleiben, da er sich einer innerweltlichen Logik verschließt und einzig von der Selbsthingabe Jesu her im Raum des Glaubens zugänglich sei.

 

In einem hochinteressanten, etwa vierzig Minuten dauernden Film über die Priesterweihe 1951 am 29. Juni, dem Hochfest der Apostel Petrus und Paulus, kamen als Zeitzeugen aus dem damaligen Weihekurs Georg Ratzinger und Rupert Berger zu Wort. Sie berichteten über den Seminaralltag, den Weihetag und über ihre Primizfeiern in Traunstein. Besonders eindrucksvoll war die zu den historischen Filmaufnahmen von der Priesterweihe 1951 gesprochenen Kommentare des Papstes zu einzelnen Weihehandlungen im Originalton. Anlässlich von Jubiläen seines Weihekurses hatte Kardinal Ratzinger in seinen Predigten, die glücklicherweise aufgezeichnet worden sind, immer wieder die Priesterweihe betrachtet.

 

Erheiternd für die Zuhörer war der Ausschnitt aus der Primizpredigt, die Joseph Ratzinger 1954 für seinen Freund Franz Niegel gehalten hat. Darin beschreibt Ratzinger seine ernüchternden Erfahrungen nach dreijähriger Tätigkeit als Künder des Wortes: „Wie oft habe ich mich als Student darauf gefreut, einmal predigen zu dürfen, den Menschen das Wort Gottes verkündigen zu dürfen, die in der Ratlosigkeit eines oft gottverlassenen Alltags doch auf dieses Wort warten müssten. ... Aber wie war ich enttäuscht, als die Wirklichkeit doch ganz anders war, als die Menschen offensichtlich nicht auf das Wort der Predigt, sondern vielmehr auf ihr Ende warteten.“

Kardinal Marx deutet die Gestalt des Mose

 

Mit Beifall aufgenommen wurde auch die Anwesenheit von Professor Alfred Läpple, des Mentors des Studienanfängers und lebenslangen Freundes von Joseph Ratzinger, bei dieser Festakademie. Ein Grußwort der Kulturreferentin der Stadt Traunstein, Ursula Lay schlug den Bogen von der Stadt des Studiums und der Weihe hin zu Heimatort und Primizstadt der Brüder Ratzinger und von Rupert Berger. Höhepunkt und Abschluss des Festtages war das Pontifikalamt mit Kardinal Reinhard Marx im voll besetzten Freisinger Mariendom. Konzelebranten waren die Kardinäle Cordes und Wetter, die Diözesanbischöfe Müller und Schraml, der Nuntius und die fünf Priesterjubilare.

 

Der Münchener Erzbischof Kardinal Marx dankte dem Papst und den anwesenden Jubilaren für ihren Dienst. Er erinnerte an die erste Enzyklika des Heiligen Vaters über die Liebe. In Jesus Christus sei die Liebe Gottes zu uns konkret geworden. Der Priester solle die ganze Wahrheit Jesu Christi den Menschen vermitteln und ihnen davon nichts vorenthalten. Abschließend deutete der Kardinal die Gestalt des Mose als Vorbild für das Wirken des Priesters: Vor Gott für das Volk eintreten und sich nicht vom Volk trennen lassen, auch wenn es sich oft als störrisch erweisen sollte. Hervorragend waren die musikalischen Beiträge des Bläserensembles des Philharmonischen Orchesters Regensburg während der Akademie, sowie die liturgische Musik der Choralschola, der Cantores de Monte Docto und das Domberg-Kammerorchester im Mariendom. Rückseitig auf dem verteilten Erinnerungsbildchen an die Priesterweihe des Papstes vor sechzig Jahren in Freising heißt es in einem Gebet von Kardinal Marx: „Barmherziger Vater ... so danken wir Dir für unseren Papst Benedikt und seinen Dienst an den Menschen und für Deine Kirche. Du hast ihn durch die 60 Jahre seines priesterlichen Wirkens begleitet und ihn uns gegeben als treuen Hirten. Schenke ihm Freude an Deiner Nähe und stärke ihn in seiner Sendung. Bewahre ihn vor allen Unheil und begleite ihn mit Deinem Segen.“