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Zum Tod von Weihbischof em. Klaus Dick


Am 25. Februar verstarb der emeritierte Kölner Weihbischof Dr. Klaus Dick im Alter von 95 Jahren. Er kannte aus seiner Münchner Studienzeit Joseph Ratzinger. Wie dieser promovierte er bei Prof. Gottlieb Söhngen und war mit ihm bis zuletzt freundschaftlich verbunden.

Ein Interview von Prof. Dr. Peter Hofmann (Augsburg) mit ihm vom 11.4.2012 wurde 2014 in den Mitteilungen abgedruckt (MIPB 7 /2014, 137-142). Im folgenden können Auszüge daraus nachgelesen werden und es kann als Ganzes als PDF-Datei heruntergeladen werden.

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Wo und wann haben Sie Joseph Ratzinger kennengelernt?

 

Joseph Ratzinger habe ich kennengelernt, als ich im Sommersemester 1949 nach München kam, im sogenannten Freisemester. Wie auch heute noch üblich, erhielten wir für das dritte Studienjahr, fünfte und sechste Semester, den dringenden Rat, eine andere als die Bonner Fakultät kennenzulernen, und damit auch außerhalb des Konviktes zu wohnen - letzteres war damals eine wichtige Erfahrung, weil wir bei allen zeitbedingten Mängeln doch verwöhnt waren mit Unterkunft und Verpflegung. Wir brauchten uns, anders als die anderen Studenten, um nichts in der Bewältigung des Alltags zu kümmern. Dass nicht wenige von uns für die Zelt der Freisemester München wählten, lag nahe. Denn die dortige Fakultät hatte den Vorteil, dass sie sich nach dem Krieg völlig neu aufstellen musste, weil sie - ich meine, es war 1938 - von den Nazis geschlossen worden war. Kardinal Faulhaber hatte sich geweigert sein Placet zu geben für die Berufung von Hans Barion, einem Kirchenrechtler, der den damaligen Machthabern ziemlich nahestand. (Er hat nach dem Krieg seinen Lehrstuhl in Bonn, wo er nach dem Münchener Vorkommnis angenommen war, nicht weiter behalten können.) München war für uns Kölner Theologen auch deshalb anziehend, weil ein Kölner Diözesanpriester, Gottlieb Söhngen, als Fundamentaltheologe nach München berufen worden war. So war es für uns Kölner auch selbstverständlich, dass wir in sein fundamentaltheologisches Seminar gingen. Ich erzähle immer gerne, dass ich bei einer der ersten Seminarsitzungen zum ersten Mal den Namen des Heiligen Vaters gehört habe, den ich bis dahin noch nicht kannte. Denn Professor Söhngen, der immer Hochdeutsch mit kölnischem Akzent sprach, sagte einmal in einem Zusammenhang, den ich nicht mehr weiß: „Also, der Joseph Ratzinger: eine einmalije Begabung!“

Damals war, weil die Universitätsgebäude in der Stadt noch die Kriegsschäden trugen, die theologische Fakultät mit den Professoren und den Theologiestudenten im Schloss Fürstenried untergebracht; wir „Auswärtigen“ fuhren von unseren Privatquartieren dorthin. Auf engem Raum konnten sich Lehrende und Lernende, „Einheimische“ und von Ferne Kommende, begegnen - vor allem in den Vorlesungspausen. [...]

Wiederum nach zwei Jahren änderte sich für mich die Situation gründlich: Der Erzbischof wollte mich zum Studentenpfarrer in Bonn ernennen; allerdings sollte ich vorher freigestellt werden, um meine Doktorarbeit beenden zu können. Vom Frühjahr 1957 bis zum Beginn des Wintersemesters 1957/58 habe ich in München - im Nebenamt Hausgeistlicher in einem Altersheim - meine Dissertation fertig gestellt. Der Kontakt zu meinem Doktorvater, der bis dahin durch Besuche seinerseits in Bonn und meinerseits in München aufrechterhalten wurde, konnte nun intensiviert werden. Über mangelnde Betreuung seitens des Professors Söhngen konnte ich mich wirklich nicht beklagen! Selbstverständlich erfuhr ich, vor allem in den Gesprächen mit ihm, auch immer über den anderen Promovierten, Joseph Ratzinger, wie es mit ihm weiterging. Im November 1957 begann ich meinen Dienst als Studentenpfarrer, fuhr zu den zwei Phasen des Rigorosums und zu Disputationen jeweils nach München.

Meine Beziehung zum Hl. Vater Benedikt erfuhr dann eine besondere Steigerung, als Joseph Ratzinger mit Beginn des Sommersemesters 1959 als Professor für Fundamentaltheologie nach Bonn kam. Er hat ja selbst in seinen Erinnerungen geschildert, dass ihm zwei Priester - beide Doktorschüler von Professor Söhngen - im Rheinland, seiner neuen Wirkungsstätte, bekannt waren: Außer mir war es Hubert Luthe, jetzt Alt-Bischof von Essen, damals Sekretär von Kardinal Frings. Papst Benedikt hat ja bei seinem letzten Zusammentreffen mit dem römischen Klerus vor seinem Rücktritt ausführlich geschildert, wie über Kaplan Luthe der Kontakt mit Kardinal Frings zustande kam, der dann wirklich kirchengeschichtlich hoch bedeutsam wurde! Darüber gibt es nachher noch etliches zu sagen. 

Für mich als Studentenpfarrer war über den persönlichen Kontakt hinaus, der selbstverständlich auch theologische Gespräche mit sich brachte, die Einbeziehung des jungen Professors in die Studentenpastoral eine großartige Möglichkeit. Noch heute erinnern sich Studenten von damals an die Vorträge, aber auch an die Wanderungen mit Professor Ratzinger im Siebengebirge. Nicht zu vergessen ist, dass schon damals die Reputation des jungen Fundamentaltheologen sehr groß war! [...]

Einen kleinen, aber intensiven Eindruck vom Konzilsgeschehen und der Arbeit von Kardinal Frings konnte ich gewinnen, weil ich in der dritten und vierten Session jeweils für ein paar Tage in Rom sein konnte. Kardinal Frings hatte mich eingeladen und mir die Genehmigung verschafft, bei den Sitzungen des Konzils dabei zu sein. [...]

Natürlich gab es auch Erholungszeiten; dann konnte ich nachmittags mit Professor Ratzinger und Dr. Luthe Ausflüge in die Umgebung machen oder in Rom spazieren gehen. Über Inhalte der Konzilstexte bzw. der Interventionen haben wir dabei nicht gesprochen, erst recht nicht über die Überlegungen und den Austausch zwischen dem Kardinal und seinen Beratern.

Nach dem Abschluss der einzelnen Sessionen habe ich dann immer mit großem Interesse die Rückblicke gelesen, die Joseph Ratzinger veröffentlichte. Übrigens hat auch Kardinal Frings, wie er selbst sagte, wenn er auf das Konzilsgeschehen zurückblickte, die Ausführungen von seinem Berater hilfreich gefunden.

 

Wie waren Ihre weiteren Kontakte mit Joseph Ratzinger?

 

Markant waren in der Zeit nach dem Konzil die Treffen, die der spätere Weihbischof und dann Bischof von Essen veranstaltete. Einmal im Jahr trafen sich interessierte Theologen und Studenten in Bierbronnen, dem Sitz der Gustav-Siewerth-Akademie, um einige Tage ein bestimmtes theologisches Thema zu behandeln. Die Vorträge vor den Diskussionen wurden im systematischen Teil von Professor und einmal auch noch vom Erzbischof Ratzinger gehalten, im exegetischen Teil von Professor Heinrich Schlier. [...]

 

Interview mit Weihbischof Dick